Auf Grund der Rechtslage in der Türkei, die Kritik am Militär als Vaterlandsverrat
ahndet, müssen die in der Türkei lebenden Protagonisten anonym gefilmt
werden. Anstelle von talking heads unterstreichen Details wie Hände, Füße
oder Gesten ihr Gesprochenes. Damit bleibt der Film sehr nah an seinen Protagonisten
und macht so eine emotionale Begegnung zwischen dem Zuschauer
und ihnen möglich.
Situative Szenen der Verabschiedungszeremonien der Soldaten auf dem Weg
zur Armee bilden den Rahmen der Erzählung: Junge Soldaten, die mit Pauken
und Trompeten, mit Feuer, Flaggen und Liedern zum Dienst an der Waffe entsandt
werden. Zwischen euphorischen Gesängen und weinenden Müttern beginnt
ihr Weg in den Krieg in klimatisierten Fernreisebussen.
Im Kontrast zum vorgestellten Männlichkeitsbild, ist der Stil des Films auf
Grund der Thematik sehr behutsam und sensibel gewählt. Im Mittelpunkt des
Films stehen die Protagonisten und ihre Geschichten. Verortet werden sie einerseits durch stimmungsvolle Stadtbeobachtungen und andererseits innerhalb
ihrer selbst gewählten Interview-Orte. Als Plätze, an dem sonst Ungesagtes
ausgesprochen wird, kommt diesen im Film eine besondere Bedeutung zu. Aus
dem Gegensatz von innen und außen bzw. Isolation und Getümmel wird die
bedrückende Stimmung eines Lebens im Versteck deutlich.
Çürük – The Pink Report ist ein sehr einfühlsamer Film, der sich offen moralisch
positioniert, ohne zu belehren. Alle Protagonisten haben neben ihrem
gemeinsamen Schicksal die Grundauffassung gemein, dass sie sich nicht als
Opfer darstellen wollen. Trotz ihrer mehrfachen traumatischen Erlebnisse versuchen
sie ein Leben in Normalität zu führen – die einen öffentlich in der
Türkei, die anderen im Ausland, wo sie für sich eine größere Chance auf ein
selbstgestaltetes Leben sehen. Wieder andere versuchen sich anzupassen und
nicht aufzufallen.